Gedanken zur Sicherheit im Einsatzdienst:

Der tragische Unfall eines Notarztwagens im Bundesland Oberösterreich hat
viele von uns wieder daran erinnert, wie gefährlich die Mitarbeit in einer Einsatzorganisation sein kann. Auf diesem Weg wollen wir gleich vorweg den KameradInnen und Angehörigen der betroffenen Rot-Kreuz-Dienststelle unser aufrichtiges und ehrliches Mitgefühl übermitteln. Jedes vernünftige Mitglied einer Einsatzorganisation, wie zum Beispiel Feuerwehr oder Rotes Kreuz, fürchtet sich davor, im Rahmen eines Einsatzes damit konfrontiert zu werden, den eigenen KameradInnen zu Hilfe eilen zu müssen oder gar selbst im Einsatz einen Unfall zu erleiden. Und jeder Funktionär muss heilfroh sein, wenn nach einem Einsatz wieder alle wohlbehalten und ohne gesundheitlichen Schäden eingerückt sind.
Viele erwarten von den Einsatzorganisationen, dass diese immer schneller und
schlagkräftiger helfen können. Das kann teilweise mit modernerer Ausrüstung erreicht werden, aber wenn es um die Finanzierung derselben geht - sprich um das liebe Geld - sieht die Sache plötzlich wieder ganz anders aus. Und bei den Feuerwehren kommt noch erschwerend dazu, dass die Mitglieder erst alarmiert werden, mit ihren Privatautos ohne Sondersignal in die Feuerwehrhäuser eilen und sich ausrüsten müssen. Die dazu notwendige Zeit kann
aber nie mehr aufgeholt werden. Und ehrlich gesagt: Wer von uns ist im Einsatz noch nie am Limit gefahren, wenn eine Alarmmeldung besonders dramatisch geklungen hat? Wobei sich
dann vor Ort die Lage zumeist wesentlich harmloser darstellt! Ich bin seit 1987 auch als Notarzt tätig und habe mich bisher auch nicht immer angegurtet. Weil es hinderlich oder ungewohnt ist? Oder weil man glaubt, wenn man anderen Mitmenschen helfen will, kann nichts passieren?
Wir müssen umdenken, Einsatzorganisationen sind auch vor Unfällen nicht geschützt, wie man regelmäßig in den Medien nachlesen kann. Lieber angurten und mit voller Schlagkraft ein paar Sekunden später am Einsatzort eintreffen! Wie lange man diesen Vorsatz einhält? Wahrscheinlich nur bis zur nächsten Alarmmeldung!
Nochmals unser tiefstes Mitgefühl an die KameradInnen dieser Rot-Kreuz-Dienststelle. Diese vorgebrachten Gedanken haben auch nichts mit einer Ursachenerhebung zu tun. Aber vielleicht bin ich selber schon oft genug nach einem Einsatz aus dem Fahrzeug gestiegen und habe gedacht: „Das war heute aber knapp…“
Ich glaube mir ungefähr vorstellen zu können, was in den Köpfen der Betroffenen vorgeht. Man will einfach so schnell wie möglich helfen, aber diese Tatsache dürfte den Staatsanwalt nicht wirklich interessieren. Und ich bin auch der festen Überzeugung, dass dieser Unfall überall und zu jeder Zeit, an jedem beliebigen Ort hätte passieren können.
Wir Funktionäre können nur versuchen, mit Ruhe und ohne Hektik im Einsatz eine Vorbildrolle auszuüben. Aber fast jeder Einsatz entwickelt seine eigene Dynamik. Und gelegentlich kommt man erst nach dem Einrücken dahinter, was alles hätte passieren können. Und so manche zu spät erhaltene Information öffnet einem erst die Augen.
Informieren müssen wir aber auch unsere Bevölkerung! Nämlich darüber, dass Hilfeleistung auch eine entsprechende Vorlaufzeit benötigt. Die vielen ehrenamtlichen Helfer müssen ja erst zu ihren Dienststellen eilen. Und zaubern kann keiner. Schon gar nicht bei den in vielen Städten herrschenden Verkehrsbedingungen. Berufsfeuerwehren und Berufsrettungsdienste sind außerhalb der Großstädte nicht finanzierbar. Denn diejenigen, die am lautesten am Einsatz-
ort nach den freiwilligen Helfern schreien und dabei mitunter die Sekunden stoppen, verstummen, wenn es darum geht, sich an den Kosten einer Berufsfeuerwehr zu beteiligen. Zumal es in Österreich ein sehr dichtes und gut funktionierendes System an Einsatzorganisationen gibt. Manch andere Länder beneiden uns darum!
Aber wie war das unlängst bei uns nach dieser Explosion an der Tankstelle in Gmünd?
Eine Augenzeugin meinte: „ Ja, wenn die Feuerwehr schneller gekommen wäre…..“
Zehn Minuten dauern lange, wenn man vor Ort in einer Notsituation auf die Feuerwehr wartet. Aber für das Alarmieren, Ausrüsten, Ausrücken und Eintreffen am Einsatzort sind zehn Minuten nicht viel. Wir bemühen uns bei jedem Einsatz so rasch wie möglich zu Hilfe zu eilen, müssen uns aber zum Beispiel als Fahrzeuglenker an die geltenden Gesetze halten. Und dürfen somit bei der Fahrt zur Dienststelle weder die Höchstgeschwindigkeit überschreiten noch andere Verkehrsteilnehmer riskant überholen oder gar behindern.
Die schweren Verletzungen der beiden Männer waren unmittelbar durch die Explosion verursacht worden. Mit weniger Einsatzkräften, aber dafür schneller vor Ort? Und wer hätte denn dann die Bergung durchgeführt?
Aber wer sind denn diese Frauen und Männer der Einsatzorganisationen, die ohne Rücksicht auf sich selbst anderen Mitmenschen helfen? Freiwillig, unbezahlt und zumeist ohne Dank. Dafür zu oft kritisiert weil viele, in Akutsituationen getroffene Entscheidungen im Nachhinein immer wieder neu überdacht und neu bewertet werden können.
Man kennt sie, wenn sie in Uniform dem Nächsten zu Hilfe eilen und sich bemühen, für den Hilfesuchenden ihr Bestes zu geben!

Für den Inhalt verantwortlich: BFA Dr. Michael Böhm
1. KdtStv der Feuerwehr der Stadt Gmünd